Arbeitsverbot im Siebengebirge
Dem Winzer läuft die Zeit davon
Der verhinderte Winzer Felix Pieper (30) deutet auf einen Erosionskanal: Bei den starken Regenfällen in der jüngsten Vergangenheit kam auf viel Geröll den Berghang hinunter.
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Von Jens Höhner
Stillstand herrscht noch immer unter des Siegfriedfelsen in Königswinter: Der Winzer Felix Pieper hat nun einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der auch gegen die Stadt Bad Honnef vorgehen will. Unterdessen drängt die Zeit, weil die Weinlese naht.
Felix Pieper läuft die Zeit davon, noch immer sind der Winzer und seine Mitarbeiter zur Untätigkeit verdammt. „Selbst wenn die Sperrung des Hangs in der kommenden Woche aufgehoben sein sollte, wird das alles verdammt knapp“, sagt der 30 Jahre alte Unternehmer mit Blick auf die anstehende Traubenlese. Weil immer wieder Steinbrocken vom Siegfriedfelsen herabgestürzt waren, hat der Fachbereich Arbeitsschutz der Bezirksregierung Köln dem Winzer verboten, auch nur einen Fuß auf die etwa vier Hektar großen Anbauterrassen zu setzen.
Pieper hat inzwischen den Kölner Rechtsanwalt Maurice Berbuir eingeschaltet: Per Eilantrag will dieser vor dem Kölner Verwaltungsgericht erreichen, dass der Winzer seine Arbeit aufnehmen kann, „damit der Weinberg nicht verwildert“. Zudem bereitet der Jurist eine Klage gegen die Stadt Bad Honnef vor. „Wir wollen die Verwaltung zwingen, gegen den Verschönerungsverein für das Siebengebirge vorzugehen, damit endlich eine Absicherung des Felsens erfolgt“, schildert Berbuir.
Gelände hat viele Besitzer
Der Verschönerungsverein ist Besitzer des Siegfriedfelsens, die Wege auf dieser Seite des Drachenfelses gehören indes der Stadt Bad Honnef. Die Wanderrouten und Wirtschaftswege sind seit den ersten Abstürzen von Geröll im Januar des Jahres 2011 gesperrt, etliche Schilder warnen vor dem Zutritt.
Doch nicht nur Piepers Anwalt hat die Arbeit aufgenommen: Am Dienstag machte sich auch der Mainzer Geotechniker Johannes Feuerbach ein Bild von dem Berg, um ein Gegengutachten zu erstellen. „Die Gefahr ist gegeben“, bestätigt der Ingenieur und schränkt ein: „Gleichwohl ist die völlige Sperrung überzogen.“ So gebe es eine mobile Möglichkeit, die Arbeiter im Berg vor herabfallenden Steinen zu schützen: „Bewegliche Container mit einer Höhe von etwa vier Metern und einer Länge von acht Metern dienen als Puffer“, führt der Fachmann aus. In dessen Schatten – und damit auf einer Strecke von rund 200 Metern – könnten die Winzer dann jeweils an die Reben. „Allerdings wird es sehr schwer, einen solchen Container im Gelände zu platzieren.“ Zudem, so Feuerbach, wäre die Begleitung durch einen Experten, der den Felsen immer im Auge hat, ratsam. Noch in dieser Woche möchte der Mainzer ein Konzept vorlegen.
Kopfzerbrechen bereitet allerdings die Finanzierung einer längerfristigen Absicherung. Es heißt, diese schlüge mit rund 1,5 Millionen Euro zu Buche. „Dieses Geld muss die Stadt Bad Honnef aufbringen“, urteilt Anwalt Berbuir. „Man muss sich erst Gedanken um die Sicherheit machen, dann erst um die Kosten. Und das Geld muss man dafür einfach haben.“ Zuletzt war Bürgermeisterin Wally Feiden (SPD) in die Kritik geraten, weil sie aus dem Urlaub verlauten ließ, die Stadt habe der Verkehrssicherungspflicht Genüge getan, jetzt sei das Land Nordrhein-Westfalen an der Reihe.
1972 waren die Anbaugebiete im Zuge der Flurbereinigung ausgewiesen worden. Der Kreis sieht daher das Land ebenso in der Pflicht. „Um den größten Teil des Weinberges zu erhalten, reicht es, am obersten Weg einen Fangzaun aufzustellen“, sagt Kreissprecher Dirk Kassel. „Diese Lösung wäre leicht zu finanzieren.“ Winzer Pieper müsste sich dafür jedoch von seiner nach eigenen Angaben ertragreichsten Fläche trennen: „Dort wächst unser trockener Riesling.“
Während er etliche Tage nach der Sperrung jetzt das Gefahrengutachten des Landes in den Händen hält, ist seinem Nachbarn Karl-Heinz Broel nach eigener Auskunft bisher nur ein Protokoll über die mündliche Mitteilung des sofortigen Arbeitsverbots an seinem Hang zugegangen: „Auf alle anderen Dokumente warte ich noch immer“, erklärt der Winzer.
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