Heynckes gibt in Gladbach auf
München/Mönchengladbach - Jupp Heynckes hat die Konsequenz aus der sportlichen Talfahrt von Borussia Mönchengladbach gezogen und ist als Cheftrainer zurückgetreten.
Dies bestätigte der fünfmalige Deutsche Meister am Mittwochmittag, nachdem er entsprechende Zeitungsberichte zuvor noch zurückgewiesen hatte.
Die endgültige Entscheidung fiel erst nach einer letzten Besprechung mit der Vereinsführung am Morgen, in der Heynckes nach nur 215 Tagen um die sofortige Auflösung seines bis 30. Juni 2008 laufenden Vertrags bat.
"Er fühlte sich aufgrund des sportlichen Misserfolgs und der äußeren Einflüsse, die ihm sehr zugesetzt haben, nicht mehr stark genug", erklärte Gladbachs Präsident Rolf Königs auf einer Pressekonferenz, an der Heynckes bereits nicht mehr teilnahm.
Seit 13 Spielen ohne Sieg
Der 61-Jährige, der auf alle Ansprüche verzichtete, reagierte mit seinem Schritt auf die rasante Talfahrt des Tabellen-16.
Der Traditionsklub ist nach dem 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg am Dienstagabend bereits seit 13 Pflichtspielen ohne Sieg.
Königs: "Bedauern diesen Schritt"
"Wir alle bedauern diesen Schritt sehr, denn wir haben mit ihm in einem sehr freundschaftlichen und guten Verhältnis zusammengearbeitet", sagte Königs.
"Ich persönlich bin tief betroffen, dass es so gekommen ist. Jupp Heynckes ist ein großartiger Mensch und absoluter Ehrenmann. Er wird immer ein Borusse bleiben."
Luhukay steht als Nachfolger parat
Als Nachfolger empfahl Heynckes seinen bisherigen Assistenten Jos Luhukay, der das Team zunächst am Samstag bei Arminia Bielefeld betreuen wird.
"Auch mir tut das Ganze unheimlich leid. Ich hätte noch viel von ihm lernen können und bin auch nicht hierher gekommen, um Nachfolger von Jupp Heynckes zu werden", erklärte der Holländer.
"Aber jetzt müssen wir nach vorne schauen und positiv denken, damit wir unser Selbstvertrauen zurückbekommen. Ich werde alles dafür tun, dass Borussia in der Bundesliga bleibt."
Erst in der Winterpause verpflichtet
Luhukay, bis Saisonbeginn bei Zweitligist SC Paderborn tätig, war erst in der Winterpause in Gladbach mit einem Vertrag bis Saisonende ausgestattet worden und galt seitdem als potenzieller neuer Chefcoach.
Allerdings steht noch nicht fest, ob der 43-Jährige, der zuvor als Co-Trainer beim 1. FC Köln gearbeitet hatte, nur eine Interimslösung ist.
Sportdirektor Peter Pander wollte dazu "gar nichts" sagen: "Jos Luhukay hat bis zum Spiel in Bielefeld unser vollstes Vertrauen. Dort wollen wir punkten. Über mehr brauchen wir im Moment nicht zu reden."
Heynckes nur sieben Monate bei den "Fohlen"
Der ehemalige Borussia-Torjäger Heynckes war erst am 1. Juli 2006 zu den "Fohlen" zurückgekehrt. Bereits von 1979 bis 1987 hatte er die Gladbacher trainiert und wollte nun an die erfolgreichen Zeiten anknüpfen.
Doch stattdessen rutschte die Mannschaft nach ordentlichem Start immer weiter ab und musste auf einem Abstiegsplatz überwintern.
Die Hoffnungen auf Besserung nach der guten Vorbereitung erlitten dann bereits bei der 1:3-Pleite zum Rückrundenauftakt in Cottbus einen herben Dämpfer.
Trainer-Karriere endgültig beendet
Somit dürfte auch die erfolgreiche Trainer-Karriere des Weltmeisters von 1974, der unter anderem mit Bayern München Deutscher Meister und Real Madrid Champions-League-Sieger war, endgültig beendet sein.
Heynckes' Demission bedeutet den vierten Trainerwechsel in dieser Saison und den 299. in der Bundesliga-Geschichte seit der Gründung 1963.
In dieser Spielzeit hatten bisher Peter Neururer (Hannover 96) und Bert van Marwijk (Borussia Dortmund) gehen müssen. Dieter Hecking (Alemannia Aachen) hatte um Vertragsauflösung gebeten, um nach Hannover wechseln zu können.
Letzter Erfolg Mitte Oktober
Der letzte Erfolg der Gladbacher datiert vom 14. Oktober des vergangenen Jahres, als man beim 3:1 gegen den VfL Wolfsburg den letzten von nur vier Heimsiegen feierte.
Schon nach dem trostlosen Remis gegen Nürnberg hatte Heynckes zum wiederholten Mal einen Rückzug angedeutet. Auf die Frage eines Boulevard-Reporters, ob er auch im nächsten Spiel auf der Bank sitzen werde, hatte er geantwortet: "Wenn Sie mit Ihrer Schmutzkampagne weitermachen, dann überlege ich mir das."
"Wir sind enttäuscht"
Über die Leistung seiner Elf hatte der Ex-Nationalspieler sich frustriert gezeigt. "Wir sind enttäuscht, weil wir gewinnen wollten. Der Punkt ist zwar zu wenig, aber wenn wir immer so spielen, holen wir auch wieder Siege", sagte Heynckes nach dem trostlosen Spiel vor der Saison-
Minuskulisse von nur 33.116 Zuschauern.
"Die Mannschaft hat engagiert gespielt, war taktisch geschickt klug und hat keine Nürnberger Chance zugelassen. In unserer Situation aber fehlt manchmal vor dem Tor nur die Ruhe, und die Aktionen sind zu übereilt."
Martin Volkmar