Wie kam es zur Nominierung von Thomas Brdaric?
Rudi Völler: Es ist eine leistungsorientierte Nominierung. Thomas Brdaric hat vor allem in der Rückrunde bei Hannover 96 überragende Leistungen gebracht, durch Tore geglänzt und ist in sehr guter Verfassung. Er ist schnell, beidfüßig und kann mit Einzelaktionen und bei Kontern etwas bewegen.
Leidtragender ist Oliver Neuville. Wie hat er auf seine Nicht-Nominierung reagiert?
Rudi Völler: Das war der absolute Härtefall, da er in den vergangenen Jahren bis auf wenige Ausnahmen immer im Kader war. Zuletzt bei Bayer Leverkusen lief es für ihn aber nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Ich habe ihm meine Entscheidung zu erklären versucht – das war nicht einfach, gehört aber zu meinem Job. Ich denke, er hat sie akzeptiert.
Was hat Sie bewogen, den letzten Platz im EM-Kader noch frei zu lassen?
Rudi Völler: Die Idee hatte ich seit längerem im Hinterkopf. Der endgültige Meldetermin bei der UEFA ist am 2. Juni, dann endet auch bei der U 21 die EM-Vorrunde – insofern passt die Frist ganz gut.
Wer wird die Nummer 23 im Aufgebot?
Rudi Völler: Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski sind im Rennen, wobei sicher Lukas die besten Chancen hat hereinzurutschen. Er hat die Nase positionsbedingt vorn, da er als ein Stürmer mehr helfen kann. Im Mittelfeld ist die Not nicht groß, da sind wir zumeist doppelt besetzt.
Ist es kein Nachteil, dass der U 21-Nationalspieler erst verspätet zum A-Team stößt?
Rudi Völler: Das sehe ich nicht so. Dieser Spieler wird bei der U 21-EM in der Vorrunde gut getestet, wahrscheinlich besser als bei unserem Länderspiel am 27. Mai gegen Malta, wo es vermutlich nur zu einem Kurzeinsatz reichen würde.
Würde bei einem kurzfristigen Ausfall zwangsläufig ein weiterer U 21-Nationalspieler nachnominiert?
Rudi Völler: Nicht unbedingt. Auch Frank Fahrenhorst, Frank Rost, Marko Rehmer, Jörg Böhme oder Oliver Neuville halten sich fit, so dass eine kurzfristige Nachnominierung möglich wäre. Sollte im defensiven Bereich etwas passieren, wäre Fahrenhorst ein heißer Kandidat als Nachrücker.
Warum haben Sie sich für Timo Hildebrand als dritten Torwart entschieden?
Rudi Völler: Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Gerade in diesem Bereich gibt es keine Probleme, auch Frank Rost ist ein toller Torwart. In dieser Saison hat es jedoch Timo Hildebrand einfach verdient. Er hat beim VfB Stuttgart überragend gehalten und in Rumänien ein gutes Länderspiel-Debüt gegeben.
Haben Sie bewusst vermehrt auf junge Spieler gesetzt?
Rudi Völler: Grundsätzlich ist es ein gutes Zeichen, dass wir in Deutschland soviele Talente haben und viele in der Bundesliga Stammspieler sind. Das war früher oft nicht so, da hat es einen Wandel gegeben. Allerdings darf ich nicht die Hysterie mitmachen und nur die Jungen nominieren. Als Teamchef ist es meine Pflicht, eine gesunde Mischung zu finden. Denn nur so können wir Erfolg haben.
Wie schätzen Sie die Perspektiven für die EURO in Portugal ein?
Rudi Völler: Wir haben die Klasse, um auch gegen die Großen und die Topgegner in unserer Gruppe bestehen zu können, und wir sind eine Mannschaft, die man erst mal schlagen muss. Wir werden hochmotiviert und topfit nach Portugal fahren. Ich bin optimistisch, dass wir mit viel Ordnung und Disziplin spielen werden, wir wollen aber auch spielerische Akzente setzen. Schon in der Vorbereitung wollen wir das schlechte Spiel gegen Rumänien vergessen machen und den Kredit bei den Fans zurückgewinnen.
Dienstag, 17. November 2020, 13:11
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